Meldestelle für Missstände in Wiener Spitälern

Hier finden Sie alles Wissenswerte zum Thema Gefährdungsanzeige. Da es nie genug Nachfragen geben kann, haben wir hier die wichtigsten Fragen für Sie sorgfältig in einer FAQ-Sammlung zusammengefasst. Für weiterführende Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter*innen der Kurie angestellte Ärzte gerne unter kurie.ang@aekwien.at zur Verfügung.

FAQ Gefährdungsanzeige

Dürfen Ärzt*innen Missstände an die Ärztekammer weiterleiten?

Die Ärztekammer für Wien hat im Jahr 2016 beim Arbeitsrechtexperten Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal ein Gutachten zu genau dieser Frage in Auftrag gegeben. Ergebnis dieses Gutachtens ist, dass eine unmittelbare Weitergabe von Informationen durch Ärzt*innen an die Ärztekammer über persönliche dienstliche Angelegenheiten (Bezahlung, Dienstpläne usw.) und über Missstände, die die dienstliche Situation der Ärzt*innen betreffen sowohl aus verfassungsrechtlichen Gründen als auch aus gesetzlichen und vertraglichen Regelungen sowohl im Privatarbeitsrecht als auch im Dienstrecht der Gebietskörperschaften jedenfalls zulässig sind. Natürlich sind immer die allgemeinen Grundsätze des Datenschutzes und der Wahrung von Patient*innenengeheimnissen zu beachten: aus datenschutzrechtlichen Gründen und in Anbetracht der ärztegesetzlichen Verschwiegenheitspflichten dürfen keine personenbezogenen Daten von Patient*innen übermittelt werden. Andere personenbezogene Daten, etwa von Kolleg*innen oder Vorgesetzten, dürfen nur unter Wahrung der Anonymität weitergegeben werden. Eine Zusammenfassung des Gutachtens bekommen Sie unter meldestelle@aekwien.at  oder finden Sie hier.

Was ist eine Gefährdungsanzeige?

Eine Gefährdungsanzeige ist eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung, mit der Sie als Ärzt*in alleine oder gemeinsam mit anderen Ärzt*innen oder Kolleg*innen aus anderen Gesundheitsberufen auf Probleme in dem Spital in dem sie arbeiten, aufmerksam machen.

Eine Gefährdungsanzeige sollte immer dann verfasst werden, wenn ein Patient*innenschaden nicht ausgeschlossen werden kann. Was bedeutet das konkret: Möchte zB eine Ärztin auf einer internistischen Notfallabteilung auf Grund ihrer medizinischen Expertise einen Patienten für 24 Stunden in einem Spitalsbett überwachen und es ist auf Grund von Pflegemangel kein Bett verfügbar und der Patient wird nach Hause geschickt, findet eine potenzielle Gefährdung dieses Patienten statt. Folglich wäre in diesem Fall eine Gefährdungsanzeige zu verfassen. Die Entscheidung, ob eine potenzielle Patient*innengefährdung vorliegt kann immer nur der*die behandelnde Ärzt*in treffen.

Wie unterscheidet sich eine Gefährdungs- von einer Überlastungsanzeige?

Grundsätzlich werden die Begriffe synonym verwendet. Als Ärztekammer für Wien haben wir uns dazu entschieden, nur den Begriff der Gefährdungsanzeige zu verwenden. Auch generelle Überlastungen im System führen in letzter Konsequenz zu einer Gefährdung von Patient*innen oder Mitarbeiter*innen.

Warum sollten Beschäftigte eine Gefährdungsanzeige verfassen?

Sie sollten eine Gefährdungsanzeige zum Eigenschutz vor strafrechtlichen, arbeitsrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen verfassen.
Führt die Arbeitsüberlastung über die Gefährdung hinaus zu einem Schaden bzw. Fehlern oder Mängel in Ihrer Tätigkeit, wie z.B. längerer Behandlungsdauer, Patient*innengefährdungen, Regressansprüche, etc., können im Extremfall finanzielle Ersatzansprüche oder arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen sie als Ärzt*in die Konsequenzen sein.

Um dies zu vermeiden, wurde das Instrument der Gefährdungs- oder Überlastungsanzeige entwickelt. Eine Gefährdungsanzeige bietet ihnen als Ärzt*in somit die Möglichkeit, auf z.B. personengefährdende Situationen aufmerksam zu machen und etwaige Haftungsansprüche auf Ihre*n Arbeitgeber*in zu überwälzen. Sie dient auch dazu, den*der Arbeitgeber*in deutlich auf etwaige Gefahren für Leib und / oder Leben hinzuweisen.

Der*die Arbeitgeber*in hat in weiterer Folge die Aufgabe, entsprechende Maßnahmen zur „Gefahrenabwehr“ einzuleiten, wie z.B. das Schließen einer Abteilung, Personalrekrutierung, etc..

Besteht eine Pflicht zur Darstellung einer Überlastungssituation im Arbeitsverhältnis?

Ja. Sie resultiert z.B. aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Danach ist der*die Beschäftigte verpflichtet, den*die Arbeitgeber*in vor drohenden oder voraussehbaren Schäden zu bewahren bzw. vor deren Eintritt zu warnen.

Wann sollten Beschäftigte eine Gefährdungsanzeige schreiben?

Der Zeitpunkt zur Abgabe einer Gefährdungsanzeige ist spätestens dann gegeben, wenn die Übersicht über die zu leistende Arbeit verloren gegangen und dem*der Anzeigenden die Abarbeitung aus eigener Kraft nicht mehr möglich ist.

Wer sollte die Gefährdungsanzeige machen?

Die Gefährdungsanzeige kann entweder von Ihnen als Ärzt*in alleine, von mehreren Ärzt*innen und / oder Angehörigen anderer Gesundheitsberufe oder einem gesamten Team gemacht werden. Der größtmöglichen Schutz vor Repressalien ist üblicherweise sichergestellt, wenn ein ganzes Team – Ärzt*innen und Pflege – gemeinsam eine Gefährdungsanzeige verfassen.

Gibt es eine Checkliste, was alles in eine Gefährdungsanzeige aufgenommen werden soll?

Die Ärztekammer für Wien empfiehlt, sich vorab folgende Schritte zu überlegen:

  1. Sammeln Sie alle relevanten Zahlen, Daten, Fakten, um insbesondere die Art und den Grund der Überlastung bzw. der Gefährdung klar und unmissverständlich aufzuzeigen und eventuelle Organisationsmängel konkret benennen zu können.
  2. Überlegen Sie sich im Detail, was die derzeitige Situation für den*die Patient*in und den*die Mitarbeiter*in bedeutet. Drohen Gefahren oder Schaden, wenn die Situation weiterbesteht? Lässt sich die aktuelle Situation auf einen Strukturmangel – z.B. permanenter Personalmangel – zurückführen?
  3. Was wurde bisher zur Behebung der Situation unternommen (z.B. Meldung an Vorgesetzte, etc.)?
  4. Welche Forderungen habe*n ich als Ärzt*in? Welche Forderungen haben wir als Team?
  5. Wer kann mich / uns bei der Erstellung dieser Sachverhaltsdarstellung unterstützen? Ärztekammer für Wien, Kurie angestellte Ärzte? Personalvertretung?
  6. Steht die gesamte Abteilung bzw. das gesamte Team aus Ärzt*innen und nichtärztlichen Gesundheitsberufe hinter der Anzeige? Wird die Gefährdungsanzeige von allen mitunterzeichnet?
  7. An wen soll die Anzeige gesendet werden? Ärztliche Direktion? Generaldirektion? Personalvertretung? Bürgermeister? Ärztekammer für Wien?
  8. Ab wann sehe*n ich als Ärzt*in / wir als Team die Gefahr als gebannt an bzw. was mache*n ich*wir, wenn es von Seiten des*r Arbeitgeber*in keine Reaktion gibt?

Können persönliche Konsequenzen für mich entstehen?

Für Beschäftigte besteht eine vertragliche Verpflichtung den*die Arbeitgeber*in vor drohenden oder voraussehbaren Schäden zu bewahren bzw. vor deren Eintritt zu warnen. Zu persönlichen bzw. arbeitsrechtlichen Konsequenzen darf daher eine Gefährdungsanzeige nicht führen. Sollte es bei Ihnen nach einer solchen Anzeige zu nachteiligen Konsequenzen kommen, sollten Sie sich umgehend an die Ärztekammer für Wien und Ihre Personalvertretung bzw. den Betriebsrat wenden.
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Gibt es dafür ein Formular?

Hier können Sie ein Muster entnehmen.

Wer bekommt die Gefährdungsanzeige?

Sie sollten die Gefährdungsanzeige jedenfalls an Ihre*n Arbeitgeber*in (den*die ärztliche*n Direktor*in und/oder die Generaldirektion), die Personalvertretung / den Betriebsrat und die Kurie angestellte Ärzte meldestelle@aekwien.at übermitteln.